Europa befindet sich momentan in einer Krisensituation. Die Menschen sind geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg wirkt sich massiv auf die Wirtschaft aus. Die sichere bzw. unsichere Energieversorgung gehört aktuell zu den wichtigsten Themen, die Deutschland umtreiben. Was passiert im Falle eines Exportstopps von russischem Gas? Lässt sich die Energieversorgung mit erneuerbaren Energiekonzepten decken? Und welche schnell verfügbaren Alternativen zu Kohle und Atomkraft gibt es?
Antworten auf diese Fragen, einen Überblick zur aktuellen Lage des deutschen Energiesektors sowie alles über die Rolle von Biogas für die Energieversorgung erfahren Sie in diesem Beitrag.
Krieg plus geschwächte Wirtschaft – eine schwierige Konstellation
Dass die Wirtschaft in Deutschland durch die Anfang 2020 begonnene Corona-Pandemie ohnehin bereits geschwächt war und eine hohe Inflation die Gesellschaft schon länger vor große finanzielle Herausforderungen stellt, ist nichts Neues. 2022 kam dann zusätzlich erschwerend der Ukraine-Krieg hinzu. Die Folge: weiter steigende Preise. Besonders betroffen davon ist der Bereich der Energieversorgung.
Energie in Form von Strom und Wärme ist ein essenzieller Bestandteil im Alltag der Verbraucher. Ob Unternehmen oder große Fabriken, Stadtwerke, Gewerbe oder Privatverbraucher: Sie alle benötigen Energie – die Deutschland zu großen Teilen als Gaslieferungen aus dem Ausland importiert. So war es zumindest bis jetzt. Denn durch die Krisensituation in der Ukraine hat sich die Rolle des Energieträgers Gas massiv verändert: Aus dem reinen Energielieferanten ist ein politisches Druckmittel geworden. Möglicherweise ausbleibende Gaslieferungen aus Russland nach Europa stellen die bisher sichere Energieversorgung in Deutschland damit auf die Probe.
Wie knapp ist die Energieversorgung in Deutschland wirklich?
Seit Beginn des Ukrainekrieges hat die Bundesregierung die Unabhängigkeit Deutschlands von Öl-, Gas- und Kohlelieferungen aus Russland in den Vordergrund einer gesicherten Energieversorgung gestellt. So ist der Anteil russischer Steinkohle an der gesamten innerdeutschen Energieversorgung von gut 50 Prozent vor Kriegsbeginn auf aktuell 8 Prozent gesunken. Auch die Ölimporte nach Deutschland wurden von 35 Prozent vor Kriegsbeginn auf nun mehr 12 Prozent verringert. Die Gasimporte von Russland nach Deutschland konnten von 55 Prozent auf 35 Prozent reduziert werden.
Die eventuell ausbleibenden Lieferungen möchte die Bundesregierung durch Ankaufprogramme auffangen. So hat Deutschland seine Erdgasspeicher bereits mit 950 Millionen Kubikmeter Erdgas aufgefüllt, um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten. Darüber hinaus plant die Bundesregierung weitere Gaseinkäufe für 15 Milliarden Euro, um die Speicher weiter zu füllen.
Besonders mit Blick auf Herbst und Winter sind die Sorgen in Deutschland groß, dass eine sichere Energieversorgung nicht gewährleistet sein könnte. Damit weder Privathaushalte noch öffentliche Institutionen, Gewerbe und Industrie unter einem möglichen Gasmangel leiden müssen, schreibt die Bundesregierung jetzt höhere festgelegte Speicherstände vor. Konkret heißt das, dass die Energiespeicher zum Beginn der Heizperiode, das heißt zum 01.10.2022, mindestens zu 85 Prozent gefüllt sein müssen, bis zum 01.11.2022 sogar zu 95 %. So soll die zuverlässige Energieversorgung auch bei höherem Energieverbrauch in der kalten Zeit gewährleistet sein.
Hauptsache Energie – und wo bleibt der Klimaschutz?
In den vergangenen Jahren haben Politik, Wirtschaft und Gesellschaft lange über die Zukunft der Kohlekraftwerke diskutiert. Die Einigung auf den Kohleausstieg bis 2035 war ein politischer Kraftakt. Jetzt, in den aktuellen Krisenzeiten, kommt die Frage nach einem Ausstieg aus dem Kohleausstieg auf. Hierbei stehen sich zwei Extreme gegenüber:
- Umweltschutz mit dem Versuch, dem Klimawandel entschlossen und effektiv entgegenzutreten
- Der Wille, die Energiesicherheit um jeden Preis zu gewährleisten
Sollte es zu einem Energienotfall kommen, besteht seitens der Regierung nun der Plan, befristet bis 31.03.2024 zusätzliche Kohlekraftwerke für die Stromversorgung auf Abruf bereitzustellen. Damit können diese trotz ihrer schlechten Klimabilanz aus der Netzreserve an den Strommarkt zurückkehren. Zudem steht zur Diskussion, bereits stillgelegte Atomkraftwerke zu reaktivieren.
Erneuerbare Energien als Sicherung der Energieversorgung
Parallel zu den Überlegungen bezüglich Kohle- und Atomkraft treibt die Regierung den Ausbau erneuerbarer Energien weiter voran. Geringere Energieimporte sind dabei ein Versuch, regenerative Energiequellen zu fördern, die Wichtigkeit ihrer Position am deutschen Energiemarkt zu stärken und so zukunftsorientiert die Energieversorgung zu sichern. Konkret sollen die Anteile des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen laut dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) bis zum Jahr 2030 auf 80 Prozent steigen und damit den Großteil des Bruttostromverbrauchs bedienen.
Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Bundesregierung vor allem auf Energie aus Sonnen- und Windkraft. Doch es gibt auch weitere Alternativen, die großes Potenzial haben, den deutschen Energienmix sinnvoll und effektiv zu ergänzen. Die Rede ist von Energie aus Biogasanlagen. Denn diese eröffnen eine effiziente, umweltfreundliche und – bei richtigem Anlagenbetrieb – sehr wirtschaftliche Art der Energieerzeugung. Für die innerdeutsche Energieversorgung ist das ein großes Plus.
Bedarfssicherung mit Biogas
Bei maximal effizientem Betrieb ließe sich die Energiemenge aus den aktuell verfügbaren Biogasanlagen innerhalb kürzester Zeit um 20 Prozent erhöhen – und das einzig und allein aus heimischer Biomasse. Das ist nicht nur ein großer Vorteil für Natur und Umwelt, sondern gleichzeitig auch ein attraktives Geschäftsmodell sowohl für kleine als auch für große (landwirtschaftliche) Betriebe.
Hinzu kommt, dass Biogasanlagen die Energieversorgung genauso gut großflächig wie auch dezentral sichern können. Und das sind nur einige der Pluspunkte der Energiegewinnung aus Biomasse. Vor allem Biogasanlagen, deren Energiegewinnung auf Abfallprodukten und Reststoffen basiert, tragen nicht nur zum Ausbau von Energie aus ökologisch wertvollen Quellen bei. Sie sichern auch in politischen Krisenzeiten die Energieversorgung zu großen Teilen mit ab.
Würde Russland den Export von Gas stoppen, könnten die Biogasanlagen in Deutschland die Gasversorgung in großen Teilen auffangen. In Kombination mit der Energie aus Wind- und Sonnenkraft ließe sich so die Energieversorgung in Deutschland sichern – klimafreundlich, regional und dezentral.