Seit dem 03. Juli 2020 ist das Kohleausstiegsgesetz eine beschlossene Sache. Unternehmen und Institutionen aus dem Energiesektor, aber auch die Politik müssen umdenken: Wie schafft Deutschland die Dekarbonisierung – und den Schritt zur nachhaltigen Energieerzeugung?

Auch Betreiber von KWK-Anlagen betrifft das Gesetz. Denn mit dem Kohleausstiegsgesetz treten gleichzeitig Änderungen des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG) in Kraft.

Was das Kohleausstiegsgesetz bedeutet und was jetzt auf Betreiber von BHKW- und KWK-Anlagen zukommt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Kohleausstiegsgesetz: Chancen für Biogas als Energielieferant
© Julia Senkevich / shutterstock.com

Deutschlands Energiequellen – der Stand 2023

Alternative Energiekonzepte – zum Beispiel PV oder KWK – gewinnen langsam, aber sicher an Fahrtwind. Im ersten Halbjahr 2023 lag deren Anteil am Strommix bei 130 TWh von insgesamt 224 TWh. Nachdem Braun- und Steinkohle durch den Erdgas-Stopp und den Atomausstieg kurzzeitig wieder stark in die Energieversorgung eingebunden wurden, verlieren sie nun endlich an Relevanz:

Energieträger In TWh = Mrd. kWh
Braunkohle 41,1
Steinkohle 20
Kernenergie 6,7
Erdgas 23,3
Andere 3,9
Windenergie 66,8
Photovoltaik 30
Biomasse 21,1
Wasserkraft 9,4
Andere 2,2

Quelle: https://strom-report.com/strom/ [Daten-Stand: 30.06.2023]

Um 12,2 Prozent ist die Stromerzeugung aus konventionellen Energieträgern zurückgegangen. Für die Energiewende großartige Neuigkeiten – denn genau das sieht das Kohleausstiegsgesetz vor. Doch was genau steckt eigentlich hinter diesem Gesetz?

Kohleausstiegsgesetz: Meilensteine und Ziele

2020 hat die Bundesregierung einen ehrgeizigen Stufenplan für den Kohleausstieg verabschiedet, der klare Richtlinien für den schrittweisen Verzicht auf die klimaschädlichen Energieträger Braunkohle und Steinkohle vorsieht. Ziel ist es, bis spätestens 2038 die Kohleverstromung vollständig zu beenden. Klar ist dabei jedoch: Ein Ausstieg bis 2030 im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel wäre idealer.

Das Kohleausstiegsgesetz ist eng mit dem Klimaschutzgesetz verknüpft, das vorsieht, dass Deutschland bis 2045 eine klimaneutrale Nation wird.

Konkrete Schritte im Stufenplan:

  1. Bis 2022: Reduzierung des Anteils der verstromten Braunkohle und Steinkohle auf jeweils ca. 15 Gigawatt.
  2. Bis 2030: Reduzierung der Stromerzeugung aus Steinkohle-Kraftwerken auf insgesamt 8 Gigawatt. Der Beitrag der Braunkohle-Kraftwerke soll bei 9 Gigawatt liegen. Im Vergleich zu 2027 bedeutet das eine Verringerung der installierten Leistung um satte 60 Prozent. Im „Kohlenpott“ Nordrhein-Westfalen soll der Braunkohleausstieg schon 2030 abgeschlossen sein. Die Bundesregierung plant, bis zu 40 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, um den notwendigen Strukturwandel in dieser von der Kohle abhängigen Region zu unterstützen. 2030 sollen zugleich die bundesweiten Emissionen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent reduziert werden sollen. Dieser Schritt ist entscheidend, um die Vision eines klimaneutralen Landes bis 2045 zu verwirklichen.
  3. 2026, 2029 und 2032: In diesen Jahren sollen Überprüfungen stattfinden, um festzustellen, ob die Stilllegung von Kraftwerken bereits vor 2030 erfolgen kann oder ob ein endgültiger Kohleausstieg möglicherweise schon bis 2035 erreicht werden kann.

Das Kohleausstiegsgesetz Deutschlands stellt einen bedeutsamen Schritt in Richtung Klimaneutralität dar. Während das Jahr 2038 als Endpunkt für die Kohleverstromung festgelegt wurde, sind die regelmäßigen Überprüfungen und der Fokus auf erweiterte Reduktionsziele wichtige Indikatoren dafür, dass Deutschland seinen Einsatz für den Klimaschutz ernsthaft verfolgt.

KWKG 2023 – diese Änderungen sollten Sie als Anlagenbetreiber im Zusammenhang mit dem Kohleausstiegsgesetz kennen

Keine Frage, wenn das Kohleausstiegsgesetz zu 100 Prozent in die Realität umgesetzt ist, müssen alternative Energiekonzepte her. Ansonsten ist ein plötzlicher Kollaps des Energiesektors nicht zu verhindern. Nur geht das nicht mal eben über Nacht. Denn auch alternative Energiekonzepte haben einige Anforderungen zu erfüllen, wenn es um die Herstellung und Bereitstellung von Strom und Wärme geht.

Welche Anforderungen dabei genau gelten, legt das KWKG fest. Im Zusammenhang mit dem Kohleausstiegsgesetz sind darin ab sofort die folgenden fünf Änderungen wirksam:

  • Wasserstofffähigkeit als neue Zulassungsvoraussetzung
  • Absenkung förderfähiger Vollbenutzungsstunden von 5.000 auf 2.500 h
  • Ab 2024 keine Förderung von KWK-Anlagen mit Biomethan als Basis zur Stromerzeugung – Biomethan bleibt Spitzenlastkraftwerken vorbehalten
  • Erhöhung des Zuschlagsatzes von 0,5 Cent/kWh auf 3,9 Cent/kWh – für KWK-Anlagen, die nach 2023 in Betrieb genommen wurden

„Alleskönner“ Biogas: So kann KWK auch nach dem Kohleausstiegsgesetz den Strombedarf decken

Änderungen hin oder her – letztendlich geht es darum, den Strombedarf auch nach dem wirksamen Inkrafttreten des Kohleausstiegsgesetzes zu decken. Anders gesagt heißt das: es muss Alternativen zu fossilen Brennstoffen geben. Eine sehr vielversprechende ist Biogas.

Im Gegensatz zu anderen fossilen Energieträgern lässt sich Biogas (auch Biomethan genannt) aus Biomasse, wie zum Beispiel landwirtschaftlichen Pflanzenresten, tierischen Abfällen oder schnellwachsenden Energiepflanzen und Zwischenfrüchten gewinnen. Durch Vergärung oder Fermentierung der Biomasse entsteht Roh-Biogas. Dieses lässt sich über Blockheizkraftwerke sofort zur lokalen Wärme- und Stromerzeugung nutzen. Verbleibende Restabfälle werden als hochwertiger Dünger auf die Felder ausgebracht. Damit ist Biogas in seiner Herstellung und Nutzung besonders ökologisch – und könnte die durch das Kohleausstiegsgesetz entstehenden Lücken (zumindest teilweise) schließen.

Zudem gilt Biogas in Bezug auf die Energiegewinnung als wahrer „Alleskönner“, ist es doch besonders verfügbar und vielseitig einsetzbar. Gleichzeitig ist es sehr emissionsarm und stellt deswegen einen wichtigen Bestandteil für die umweltfreundliche und ressourcenschonende Energieversorgung von heute und morgen dar. So spielt es im Zusammenhang mit dem Kohleausstiegsgesetz und der Energiewende eine extrem wichtige Rolle.

Umweltfreundlich, vielseitig und ressourcenschonend – Biogas überzeugt auf ganzer Linie

Im Vergleich zu anderen Energieträgern ist Biogas sehr ökologisch. Nicht umsonst gilt es als wichtiger Einflussfaktor für Umweltschutz, Wirtschaftswachstum und Kostensenkungen beim Endverbraucher. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zunächst ist Biogas eine der saubersten und umweltfreundlichsten Energieformen. So zeigt eine Gegenüberstellung mit Kohle und Heizöl, dass Biogas rund ein Drittel weniger Treibhausgase, zwischen 50 und 95 Prozent weniger Stickoxide und nahezu keinen Feinstaub verursacht.

Damit kann es einen signifikanten Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen und Luftschadstoffen beitragen – und spielt dem Kohleausstiegsgesetz in die Karten.

Hinzu kommt, dass Biogas eine hohe Versorgungssicherheit garantiert, die durch das Kohleausstiegsgesetz zu einem wichtigen Thema wird. Vielseitig einsetzbar, findet sich Biogas in etlichen Systemen zur Energieversorgung wieder. Ob Biogas-Brennwertgerät, KWK-Anlagen oder Gas-Wärme-Pumpen – Biogas hat eine hohe soziale Komponente durch seine starke Nutzbarkeit im urbanen Raum.

Bei einem Transport über die Infrastruktur des unterirdischen Gasnetzes entfällt zudem der problematische Transport über Lkw, Schiffe oder Züge. Das begünstigt eine effiziente Verteilung und eine Minimierung der Methan-Emissionen. Damit ist Biogas ein sehr ökologischer Partner für Haushalte, Industrie und Wirtschaft – und besonders als Primärenergie durchaus profitabel. Denn das erfordert keinen Umwandlungsprozess und somit auch keinen zusätzlichen Energieaufwand. Damit erweist sich Biogas definitiv als geeignete Alternative zu fossilen Brennstoffen.

Biogas-BHKW und KWK machen dem Kohleausstieg Dampf

Dass Biogas bei der Dekarbonisierung des Energiesektors eine entscheidende Rolle spielt, sieht auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMKW) ein. Nach Drängen des Fachverbands Biogas und der Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB) wurden Biogas-BHKW kurzfristig in die neue nationale Kraftwerksstrategie aufgenommen. Erstmals wurde diese im August 2023 vorgestellt.

In enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission hat das BMKW einen umfassenden Plan entwickelt, um den deutschen Kraftwerkspark auf Wasserstoff umzustellen.

„Konkret planen wir die Ausschreibung von 8,8 Gigawatt neuer Kraftwerke, die von Anfang an mit Wasserstoff betrieben werden. Bis zum Jahr 2035 wollen wir außerdem Ausschreibungen für bis zu 15 Gigawatt Wasserstoffkraftwerke durchführen, die vorübergehend mit Erdgas betrieben werden können, bis sie an das Wasserstoffnetz angeschlossen sind. Die Frist für den Einsatz von Erdgas läuft dabei maximal bis 2035. Von diesen 15 Gigawatt werden wir zunächst 10 GW bis 2026 ausschreiben und anschließend eine Bewertung durchführen, bevor die verbleibenden 5 GW ausgeschrieben werden können“ – so Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Darüber hinaus ist geplant, 6 GW neue Kraftwerkskapazitäten im Bereich Biomasse hinzuzufügen, wovon 3 GW auf Biomethan entfallen. Unterm Strich: Ein Fünftel der neuen Kraftwerkskapazitäten entfällt auf unsere Branche. Das schafft nicht nur einen klaren Anreiz fürs Errichten neuer Biogas-Anlagen, sondern treibt auch die Umsetzung des Kohleausstiegsgesetz weiter voran.

Sie haben noch Fragen zu den Energiekonzepten der Zukunft? Lassen Sie sich von uns fachmännisch zu den Themen KWK und nachhaltige Energiekonzepte beraten.