Strom stammt in Deutschland aus vielen verschiedenen Energiequellen. Ob Atom- und Kohlekraft, Wasser-, Wind- und Sonnenenergie oder Biogas- und KWK-Anlagen – sie alle zusammen sorgen dafür, dass die Verbraucher immer genügend Energie bekommen. Während erneuerbare Energiekonzepte stetig an Bedeutung gewinnen, obliegt die Sicherstellung der Residuallast nach wie vor konventionellen Energieträgern.

Warum das so ist, was genau die Residuallast überhaupt ist und mit welchen Strategien sich der Anteil der Residuallast in Zukunft senken lassen könnte, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was genau ist Residuallast?

Die Einspeisungen ins Stromnetz zur Stromversorgung setzt sich in Deutschland aus konventionellen Energieträgern, wie Atom- und Kohlekraft, sowie aus erneuerbaren Energiequellen zusammen. Der Teil des Stromverbrauchs, der nach Abzug der Einspeisungen durch die beiden erneuerbaren Energien Wind- und Solarkraft übrig bleibt, nennt sich Residuallast. Gemeint ist damit also genau jener Restbedarf an Strom, der sich nicht durch Wind- und Sonnenkraft abdecken lässt.

Aktuell ist es (noch) so, dass die Residuallast zum größten Teil durch Energie aus konventionellen Quellen gedeckt wird. Die Annahme, dass die Residuallast ausschließlich durch konventionelle Energieträger gedeckt wird bzw. dass erneuerbare Energieträger nur Wind- und Sonnenkraft umfassen, stimmt jedoch nicht. Denn zu den sogenannten „Erneuerbaren“ gehören auch Energieträger wie Biogas- und KWK-Anlagen. Und diese wiederum versprechen ein großes Potenzial für die Deckung der Residuallast.

Wie berechnet sich die Residuallast?

Generell hängt die Residuallast von zwei unterschiedlichen Faktoren ab: zum einen von der gesamtdeutschen Nachfrage nach Strom, zum anderen vom jeweiligen Anteil der Energiebereitstellung aus den fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen Wind und Sonne.
Berechnen lässt sich die Residuallast im Allgemeinen durch die Nachfrage abzüglich der fluktuierenden erneuerbaren Energien:

Nachfrage (N) – fluktuierende erneuerbare Energie (FEE) = Residuallast (R)

Positive und negative Residuallast – was ist der Unterschied?

Wichtig ist, zwischen positiver und negativer Residuallast zu unterscheiden. Ist die Nachfrage nach Strom höher als die Menge, die Wind und Sonne produzieren können, ist von einer positiven Residuallast die Rede. In diesem Fall ist eine Deckung des Energiebedarfs aus zusätzlichen Quellen nötig. Doch auch der umgekehrte Fall kann eintreffen: Sonne und Wind stellen mehr Energie her, als Bedarf vorhanden ist. Dann handelt es sich um eine sogenannte negative Residuallast und der überschüssige Strom muss anderweitig genutzt werden (d.h. Speicherung, Verkauf ins Ausland). Ist das nicht möglich, sind die Übertragungsnetzbetreiber dazu angehalten, die Stromproduktion zu drosseln oder sogar ganz zu stoppen.

Warum kommt es zu Schwankungen bei der Energiebereitstellung?

Der Bedarf an Strom ist niemals gleichbleibend. Verschiedenste Faktoren wirken sich darauf aus, wie viel Strom die Verbraucher in Deutschland zu unterschiedlichen Zeitpunkten benötigen. So ist die Nachfrage in kalten Wintermonaten höher als in warmen Jahreszeiten und bei gutem Wetter niedriger als bei schlechtem. Tages- und Nachtzeiten wirken sich zudem ebenso auf den Strombedarf aus wie zum Beispiel die steigende Anzahl an Elektrofahrzeugen oder die stetig wachsende Nutzung elektrischer Endgeräte. Schwankungen von ca. 70 GW im Tagesverlauf sind deswegen normal. Und das wirkt sich direkt auf die Residuallast aus.

Grund dafür sind die mit dem variierenden Strombedarf zusammenhängenden Netzschwankungen. Denn für die Versorgungssicherheit ist entscheidend, dass immer nur genau so viel Strom aus dem Netz entnommen wird, wie eingespeist wird. Ist das nicht der Fall, kommt es zu Netzschwankungen und der reibungslose Stromtransport gestaltet sich schwierig. Darum muss eine stetige Balance zwischen Stromeinspeisung und -entnahme herrschen. Abhängig von davon gestaltet sich die Residuallast mal größer und mal kleiner.

Ein weiterer Grund für Schwankungen in der Energiebereitstellung liegt zudem in den beiden erneuerbaren Energiequellen Wind und Sonne. Denn diese sind stark wetter- und witterungsabhängig, was ihre Energiebereitstellung fluktuierend und deswegen schwer kalkulierbar macht. Je nachdem, wie stark die Netzschwankungen durch diese erneuerbaren Energiequellen sind, entwickelt sich auch die Höhe der Residuallast und die Wichtigkeit konventioneller Energieerzeuger.

Hinzu kommt das Thema „Dunkelflaute“. Denn durch die Volatilität der Stromgewinnung aus Solar- und Windkraft besteht die Gefahr, dass die Versorgungssicherheit während wetter- bzw. jahreszeitbedingter Dunkelheit oder durch langanhaltend schwachen Wind nicht mehr gegeben ist. Stark vermehrte Stromausfälle und ein extremer Anstieg der Residuallast könnten hier die Folge sein.

Wie lassen sich Netzschwankungen ausgleichen?

Als Reserve für eine stabile Stromfrequenz im Netz dient an erster Stelle die Regelenergie. In Deutschland und Europa sollte die Stromfrequenz im Netz stabil bei 50 Hertz liegen. Als Regelenergie gilt dabei sämtliche Energie, die ausschließlich den Ausgleich unvorhergesehener Schwankungen von Angebot und Nachfrage sichert. Damit erfüllt sie sowohl bei einer Unter- als auch bei einer Überproduktion von Strom eine ausgleichende Funktion. Das hat allerdings zur Folge, dass der Strommarkt ständig in Bewegung ist. Hinzu kommen die allgemeinen Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage – was wiederum Schwankungen bei der Residuallast bedeutet. Alle Faktoren zusammengenommen wirken sich zudem auf die Strompreise an der Börse aus.

Ein Blick in die Zukunft – was könnten Lösungen sein?

Um den Anteil der Residuallast zu senken, sind verschiedenste Optionen denkbar. So wäre es zum Beispiel möglich, die negative Residuallast durch effiziente Energiespeicher wesentlich effektiver zu nutzen, um die positive Residuallast auszugleichen. Auch denkbar sind die Nutzung von Smart Grids, ein flächendeckender Netzausbau sowie die Flexibilisierung der Stromerzeugung durch Bioenergie oder Gaskraftwerke. So setzt sich die deutsche Regierung bereits mit ihrem Koalitionsvertrag für den Ausbau und die Modernisierung von Gaskraftwerken ein. Hier könnten gezielte Förderungen ebenfalls ein stützender Faktor sein. Eine weitere Möglichkeit wäre die Etablierung eines funktionalen, länderübergreifenden Energiesystems für den Ausgleich von Unter- und Überproduktion. Ebenfalls denkbar wäre eine gezielte Steuerung in der Industrie, ein sogenanntes Demand Side Management. Dieses verfolgt das Konzept, dann zu produzieren, wenn Strom verfügbar und günstig zu haben ist.

Welche Maßnahmen auch immer in Zukunft greifen werden – eines ist schon heute klar: Der Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne wird das Thema der Residuallast weiter antreiben. Denn zu einhundert Prozent werden Solaranlagen und Windparks den Energiebedarf vorerst nicht stemmen können.