Wärmenetze und insbesondere Fernwärmenetze haben im Mix der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren ganz klar an Bedeutung zugenommen. Und das ist auch nicht verwunderlich, denn gerade Fernwärmenetze erfüllen einige Kriterien, die der Weg in eine grüne Zukunft der Energie erfordert. Hinzu kommt, dass die erforderlichen Technologien vorhanden und verfügbar sind. Gerade die Kombination aus BHKW und Fernwärme ist dabei mehr als vielversprechend. Doch ein paar Hindernisse gibt es noch, die es für die Erreichung der Klimaziele bis 2030 bzw. bis 2050 dringend zu bearbeiten gilt.
Wie BHKW und Fernwärme zusammenhängen, welche Potenziale das Fernwärme-Funktionsprinzip in sich birgt und mit welchen Technologie ein Fernwärmenetz in Ulm zeigt, wie klimafreundliche Energienutzung geht, erfahren Sie in diesem Artikel.
Der Unterschied zwischen Nahwärme und Fernwärme
Um die Vorteile der Kombination von BHKW und Fernwärme zu verstehen, ist es zunächst einmal wichtig, zu wissen, was genau Wärmenetze sind und worin der Unterschied zwischen Nahwärme und Fernwärme liegt.
Wärmenetze dienen der leitungsgebundenen Verteilung von Energie aus Heiz(kraft)werken zum Heizen an einen Verbraucher. Das können beispielweise mehrere Wohneinheiten oder aber Gewerbegebäude und ähnliches sein. Generell unterscheiden Wärmenetze zwischen zwei Arten von Wärme, der Nahwärme und der Fernwärme. Während beide auf die gleiche Weise funktionieren, liegt ihr Unterschied in der räumlichen Fläche, über die sie die Wärme verteilen. Alles, was eine Erdleitungslänge von maximal einem Kilometer hat, zählt zu den Nahwärmenetzen. Diese versorgen meist kleinere Areale wie zum Beispiel Neubaugebiete oder kleinere Städte mit Wärme. Wärmenetze, die eine Länge ab einem Kilometer oder mehr haben, fallen unter die Rubrik Fernwärmenetze. Diese kommen eher in großen Gebieten oder ganzen Ballungsräumen wie etwa dem Ruhrgebiet oder dem Sauerland zum Einsatz.
Das Fernwärme-Funktionsprinzip – so geht’s
Die Funktionsweise von Nahwärmenetz und Fernwärmenetz unterscheidet sich nicht. Beide verteilen Energie in Form von Wärme über ein Wärmenetz an die daran angeschlossenen Verbraucher. Ein Fernwärmenetz besteht dabei in der Regel aus drei Komponenten: einer zentralen Heizanlage bzw. einem BHKW, einem Verteilernetz und einer Übergabestation in den jeweils zu versorgenden Gebäuden. Das BHKW funktioniert in den meisten Fälle nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und erzeugt neben Wärme zusätzlich Strom, was eine optimale Ausnutzung des Brennstoffes ermöglicht. Dabei ist es die Aufgabe des BHKW, Fernwärme über spezielle Erdleitungen zu den Wohn- oder Gewerbeeinheiten zu leiten.
Um die Wärme zu verteilen, braucht ein Fernwärmenetz immer ein Transportmedium. Dieses ist in der Regel heißes Wasser oder in älteren Anlagen auch Wasserdampf. Für einen reibungslosen sowie möglichst verlustarmen Transport ist dabei wichtig, dass die Menge der erzeugten sowie die Menge der abgegebenen Wärme immer im Gleichgewicht sind. Hierfür sorgt eine Wärmezentrale, die eine effiziente Steuerung des gesamten Systems ermöglicht. Denn nur so kann die Kombination aus BHKW und Fernwärme erfolgreich funktionieren.
BHKW und Fernwärme – diese Technologien kommen schon heute zum Einsatz
Die Kombination aus BHKW und Fernwärme hat großes Potenzial, um die Energiewende voranzutreiben. Das liegt vor allen an den genutzten Brennstoffen. Denn neben fossilen Brennträgern eignen sich vor allem Biomasse, Abfälle oder Abwärme zur Energieherstellung. Nach dem Prinzip der KWK betriebene BHKW ermöglichen dabei eine ressourcenschonende Bereitstellung von Energie, die sich über ein Fernwärmenetz umweltschonend verteilen lässt.
Auch Abwärme aus Industrieprozessen, geo- und solarthermische Energie sowie durch Großwärmepumpen nutzbar gemachte Umweltwärme eignen sich optimal für die Nutzung in Fernwärmenetzen. Das eröffnet die Möglichkeit für einen Einsatz von BHKW und Fernwärme, der ausschließlich auf dem Einsatz erneuerbarer Energien basiert – zumal es einige Energieträger gibt, die großes Potenzial haben.
Abwärme, Power-to-Heat und Biomasse – Energieträger mit Zukunft
Entscheidend für den Einsatz umwelt- und klimafreundlicher Fernwärme sind die Potenziale der jeweiligen Energielieferanten. Mit ihnen steht und fällt der Einsatz erneuerbarer Energiequellen für eine erfolgreiche Kombination aus BHKW und Fernwärme. Geht es um eine klimafreundliche Energiegewinnung, so ist neben der Energiegewinnung aus Abfällen auch der Gebrauch industrieller Abwärme in diesem Zusammenhang denkbar und vielversprechend. Aber: Die bisherige Infrastruktur ist (noch) ein Hindernis. So produzieren unzureichend ausgebaute Transportwege hohen Kosten und veraltete Leitungen punkten bisher nur mit Sicherheitsmängeln. Der Optimierungsbedarf der Versorgungsinfrastruktur für Fernwärme ist also nicht zu übersehen. Demgegenüber steht Wasserstoff als Energiequelle für den Betrieb von BHKW und Fernwärme – dessen Nutzung wegen zu hoher Kosten ebenfalls noch unattraktiv ist.
Anders sieht es da beim Einsatz von Biomasse und Power-to-Heat aus. Beide Technologien sind bereits sehr ausgereift und versprechen eine verlässliche sowie gut verfügbare Bereitstellung von Energie. Doch leider sind es auch bei Power-to-Heat die Kosten, die die Technologie abschreckend machen. Denn die für ihren Betrieb anfallenden Stromumlagen und -steuern sind hoch – und es mangelt an passenden Vermarktungsstrategien. So hat Biomasse im Zusammenhang mit der Nutzung BHKW und Fernwärme bisher die besten Aussichten.
Best Practice: BHKW und Fernwärme im Praxiseinsatz
Wie eine sichere Energieversorgung mittels BHKW und Fernwärme für zehntausende Verbraucher funktionieren kann, zeigt die Fernwärme Ulm GmbH (FUG). Bereits seit über 70 Jahren liefert der Energieversorger Strom und Wärme an die Stadt Ulm, seit einigen Jahren auch über ein Fernwärmenetz. In der Summe liefert die Fernwärme Ulm GmbH Energie an etwa die Hälfte der Haushalte, Betriebe und Unternehmen in Ulm – qualitativ hochwertig, klimaschonend und CO2-neutral.
In das Fernwärmenetz speisen dabei neben der FUG auch Dritte, wie zum Beispiel ein ebenfalls von der FUG betriebenes Müllheizkraftwerk im Donautal und mehrere Biogasanlagen, Energie ein. Damit die Energieversorgung mittels BHKW und Fernwärme verlässlich funktioniert, setzt der Energieversorger auf drei grundlegende Faktoren:
- die stetige Steigerung des Anteils an regenerativen Energien im Brennstoffmix
- den kontinuierlichen Ausbau des Leitungsnetzes
- und eine qualitativ hochwertige, auf die Anforderungen des Marktes abgestimmte Leistungserfüllung.
Ein weiteres großes Plus ist zudem, dass die FUG eine konsequente Dekarbonisierung verfolgt und statt auf Kohle auf KWK setzt.
Mehr Fernwärme braucht mehr Förderung
Dass ein erfolgreiches Praxisbeispiel zur Nutzung von BHKW und Fernwärme nicht ausreicht, liegt genauso auf der Hand wie die Tatsache, dass die momentane Versorgungsinfrastruktur für Fernwärmenetze nicht ausreicht, um das 70-Prozent-Ziel zu erreichen.
Damit BHKW und Fernwärme als unschlagbares Team der Energieversorgung wirklich funktionieren können, sind neben Dekarbonisierungsmaßnahmen durch die Einbindung klimaneutraler Wärmequellen vor allem auch systemische Transformationsmaßnahmen zu ergreifen: die Absenkung der Netzwerktemperaturen sowie die Integration von Wärmespeichern, immer zwingend unter Berücksichtigung der lokal verfügbaren Potenziale. Denn nicht jedes Fernwärmenetz muss die gleichen Anforderungen seitens der Verbraucher erfüllen. Ein technisch-ökologischer Strukturwandel ist jedoch unabhängig von den individuellen Bedürfnissen der Verbraucher unumgänglich.
Um diese und weitere Maßnahmen, die das Zusammenspiel von BHKW und Fernwärme maßgeblich verbessern, auch wirklich in die Praxis umsetzen zu können, braucht es eine klar definierte und umfassend geplante Transformationsstrategie. Und die wiederum steht in enger Verbindung mit der Finanzierung einer Schwerpunktverlagerung auf die Energieversorgung mittels Fernwärme. Hier steht der Staat im Fokus, kann dieser doch entsprechende Förderungen in die Wege leiten. Zwar gibt es bereits die „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“. Die braucht allerdings dringend neue Impulse, um die Transformation bereits bestehender sowie den Ausbau neuer Wärmenetze deutlich attraktiver zu machen. Vor allem die bisher geltende Deckelung auf 50 Millionen Euro Investitionsförderung je Einzelprojekt ist momentan noch ein echtes Hindernis für die Umsetzung großer Projekte mit einem extrem hohen Emissionsminderungspotenzial.