Wird Russland den Gashahn zudrehen? Werden die Menschen in Deutschland im Winter 2022 frieren müssen? Fragen wie diese treiben Politik, Wirtschaft und Gesellschaft tagtäglich um. Mit ein Teil dieser Diskurse ist Biogas, spielt es doch eine zunehmend wichtigere Rolle in Bezug auf eine zukunftssichere Energieversorgung. Neben allen Vorteilen des erneuerbaren Energieträgers kommen jedoch auch immer wieder Zweifel auf. Denn viele fragen sich: Ist Biogas umweltfreundlich?
Zu welchen Ergebnissen eine aktuelle Studie diesbezüglich kommt und was Biogas überhaupt ist erfahren Sie in diesem Artikel.
Definition und Gewinnung: Was ist Biogas?
Biogas bildet sich, wenn organisches Material unter anaeroben Bedingungen, das heißt unter Ausschluss von Luft, natürlich zersetzt wird. Für diesen Zersetzungsprozess, der in einer speziellen Biogasanlage stattfindet, ist die Arbeit verschiedenster Mikroorganismen erforderlich. Sie sind in der Lage, die unterschiedlichste Ausgangsstoffe zu verarbeiten. So lassen sich zum Beispiel Gülle oder Bioabfälle, tierische Abfälle, Zwischenfrüchte oder Raps und Mais als Energiepflanzen die Grundlage zur Herstellung von Biogas nutzen. Allein das ist schon eines der Argumente dafür, dass Biogas umweltfreundlich ist.
Das fertige Biogas ist ein energiereiches Gasgemisch, das zum größten Teil aus brennbarem Methan (CH4) besteht. Je nachdem, welche Materialien zur Biogasgewinnung zum Einsatz kommen, kann der CH4-Gehalt zwischen 50 Prozent und 75 Prozent variieren. Zu den weiteren Bestandteilen von Biogas gehören:
- Stickstoff
- Wasser
- Sauerstoff
- Kohlendioxid
- Schwefelwasserstoff
Als Energieträger lässt sich Biogas umweltfreundlich zu Strom, Wärme oder Treibstoff umwandeln.
Biogas – umweltfreundlich oder schädlich?
Geht es um die Frage, ob Biogas umweltfreundlich ist oder nicht, so bringen Kritiker schnell die Nachteile auf den Tisch. Denn abseits der immensen Vorteile, mit denen Biogas punkten kann, hat der Energieträger auch negative Eigenschaften.
So wäre zunächst der Platzverbrauch zu nennen, den die Nutzung von Energiepflanzen mit sich bringt. Denn ihr Anbau (leider oftmals in Monokulturen) erfordert viel Raum, was negative Folgen für natürliche Ökosysteme und ihre Artenvielfalt hat. Doch diesem lässt sich leicht entgegenwirken, indem schon bei der Aussaat der Energiepflanzen vielfältige Saatenmischungen zum Einsatz kommen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es bei der Herstellung von Biogas zu Geruchsbelästigungen kommen kann, sollten Ammoniak oder Schwefelwasserstoff austreten.
Der Kritikfaktor Methan
Hinzu kommt, dass jede Biogasanlage wie eine kleine technische Industrieanlage funktioniert, die eine regelmäßige und strikte Wartung erfordert. Wird das vernachlässigt, so kann es zu Defekten und Leckagen kommen. Und diese wirken sich massiv auf die Umweltfreundlichkeit von Biogas aus. Treten nämlich Leckagen auf und gelangt Methan ungehindert in die Atmosphäre, ist das bekannterweise schlecht für das Klima.
Denn auch, wenn Methan ein extrem wertvoller Energieträger ist, hat es doch einige weniger gute Eigenschaften. Als besonders effektives Treibhausgas wirkt es auf die Dauer von 100 Jahren gerechnet rund 28-mal stärker als CO2 und auf 20 Jahre gerechnet gut 84-mal stärker als CO2. Entweicht Methan also in die Atmosphäre, sind die klimaschädlichen Auswirkungen nicht von der Hand zu weisen. Trotzdem ist das kein Grund, Biogas als nicht umweltfreundlich einzustufen.
Denn ob Methan austritt oder nicht, liegt hauptsächlich in den Händen der Anlagenbetreiber. So stehen diese in der Pflicht, ihre Biogasanlagen regelmäßig zu überprüfen, zu warten und mögliche Verschleißteile zügig auszutauschen. So lassen sich Umweltschäden durch Leckagen bereits im Vorfeld vermeiden.
Gewichtige Vorteile – diese starken Aspekte machen Biogas umweltfreundlich
Auch in Bezug auf Biogas gibt es zwei Seiten der Medaille. Denn den oben genannten Nachteilen stehen weitaus mehr Vorteile gegenüber, die ganz klar zeigen, dass Biogas umweltfreundlich und mittlerweile sogar unverzichtbar für die Energiewende ist. Zwei der wichtigsten Argumente, die zeigen, dass Biogas umweltfreundlich ist, sind seine CO2-Neutralität sowie die Möglichkeit zur Ressourcenschonung, die seine Nutzung mit sich bringt.
Zwar wird auch bei der Verbrennung von Biogas CO2 freigesetzt. Dennoch gilt der Energieträger als CO2-neutral. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Die bei der Verbrennung auftretenden Emissionen sind von der Biomasse bereits vorher in einem kurzen zeitlichen Intervall aus der Atmosphäre entnommen und gebunden worden. Darum gilt Biogas in Bezug auf Luftschadstoffe und Treibhausgase als emissionsneutral.
Auch was die zur Herstellung des Energieträgers erforderlichen Ressourcen angeht, ist Biogas umweltfreundlich. Das liegt vor allem an der Vielfalt der Biomasse, die sich für die Biogasproduktion einsetzen lässt. Seien es nachwachsende Rohstoffe, Abfallprodukte, Deponiegase oder Klärschlamm – um Biogas umweltfreundlich herzustellen, lassen sich optimal jene Ausgangsstoffe nutzen, die sonst keine Funktion mehr hätten. Übrigens: Die beim Produktionsprozess anfallenden Gärreste sind ebenfalls kein Abfall, sondern lassen sich perfekt als landwirtschaftlicher Dünger nutzen.
Funktioniert eine Biogasanlage zudem nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), so erzeugt sie Strom und Wärme gleichzeitig. Das ist nicht nur extrem effizient, sondern auch maximal umweltfreundlich. Hinzu kommt, dass sich überproduzierter Strom zu attraktiven Vergütungen in das öffentliche Netz einspeisen lässt – für Anlagenbetreiber ein zusätzlicher Pluspunkt.
Energieunabhängigkeit und kurze Transportwege
Ein weiterer Punkt, der Biogas umweltfreundlich macht, ist die Möglichkeit zur dezentralen Nutzung der Energie. Das bedeutet, Biogasanlagen lassen sich (je nach verfügbarem Platz) nahezu überall errichten und Verbraucher lokal sowie bedarfsgerecht mit Energie versorgen. Das macht lange Transportwege obsolet und fördert zudem die Unabhängigkeit von der öffentlichen Stromversorgung. Denn die meisten Biogasanlagen sind zu einem autarken Betrieb fähig, den auch Stromausfälle nicht tangieren.
Der dezentrale und autarke Betrieb von Biogasanlagen spielt aktuell eine sehr wichtige Rolle. Denn mit Biogas als Energieträger ließe sich schon heute ein großer Teil des Energiebedarfs in Deutschland verlässlich decken. Biogas ist jederzeit besonders gut verfügbar und vielseitig einsetzbar. Denn dieser Energieträger ist – im Unterschied zu anderen erneuerbaren Energiequellen wie Wind oder Sonne – nicht wetterabhängig. Dass Biogas in Bezug auf die Energiewende mittlerweile unverzichtbar ist, zeigt auch eine aktuelle Studie der Energy Watch Group. So hat diese herausgefunden, dass sich alleine mit der Energie aus Biomasse und Wasserkraft mehr als 50 Prozent der bisher aus Russland importierten Energie decken ließen.
Umweltfreundlichkeit hat ihre Bedingungen
Fest steht: Biogas ist unverzichtbar und ein wichtiger Faktor für die Energiewende. Denn der Energieträger ist – richtig genutzt ¬– nicht nur umweltfreundlich, sondern auch sehr unkompliziert zu gewinnen sowie vielseitig einsetzbar. Aber damit Biogas wirklich umweltfreundlich ist, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das bedeutet: Vielfalt in der Nutzung der Ausgangsstoffe, sichere Anlagen und kurze Transportwege dank dezentraler Nutzung. So steht der Umweltfreundlichkeit von Biogas nichts im Wege.