Wie lässt sich der Energiebedarf der Menschen decken, ohne dem Klima (noch mehr) zu schaden? Ohne die Ressourcen der Erde aufzubrauchen? Und ohne sich in schwierige politische Abhängigkeitsverhältnisse zu bringen? Fragen wie diese bestimmen die Diskurse rund um Energiegewinnung, -bereitstellung und Versorgungssicherheit aktuell mehr denn je. Gleichzeitig wird die Suche nach Alternativen zu Kohle, Atomkraft und Gas zunehmend dringender – womit Bioenergie auf der Bildfläche erscheint.

Bioenergie hat das Potenzial, aktuelle Energieprobleme lösen und zukünftig unabhängige und saubere Energie bereitstellen zu können. Wie genau das funktionieren kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Eine Pflanze in der Glühbirne als Symbol für Bioenergie
© tomertu/AdobeStock

Bioenergie – was ist das und wie wird sie gewonnen?

Bioenergie, auch Biomasseenergie genannt, ist Energie, die aus Biomasse hergestellt wird. Ob landwirtschaftlich angebaute Pflanzen (d.h. Energiepflanzen), wie beispielsweise Mais, Sonnenblumen oder Raps, schnellwachsende Gehölze, Holz aus der Forstwirtschaft oder biogene Abfall- und Reststoffe, wie etwa Kartoffelschalen, Rübenblätter, Gülle oder Stallmist – die zur Energieherstellung nutzbare Biomasse kann ganz unterschiedlich sein. Somit meint Biomasse jedwede organische Substanz von pflanzlichem, tierischem und menschlichem Ursprung.

In einem Biomassekraftwerk lässt sich diese Biomasse über verschiedene Konversionspfade zu Energie in Form von Strom, Wärme oder Treibstoff umwandeln. Übrig bleibt das Endprodukt „Bioenergie“.

Verfügbar, effizient und „grün“ – die Vorteile von Bioenergie

Eines der wichtigsten Kriterien, wenn es um Alternativen zu den konventionellen Methoden der Energiegewinnung geht, ist Nachhaltigkeit. Ist eine Methode weder umwelt- noch klimafreundlich, so ist sie direkt aus dem Rennen – ein Aspekt, bei dem Bioenergie direkt punkten kann, ist diese Art der Energieherstellung doch so „grün“ wie kaum eine andere.

Der Grund ist schnell genannt: Bioenergie ist CO2-neutral. So wird zum Beispiel bei der Herstellung aus pflanzlichen Substraten nur so viel CO2 freigesetzt, wie die Pflanzen zuvor während ihres Wachstums aufgenommen und gebunden haben. Ob nun also Luftschadstoffe oder Treibhausgase – Bioenergie ist in jeglicher Hinsicht emissionsarm.

Hinzu kommt, dass Bioenergie dank des Ausgangssubstrats Biomasse extrem gut verfügbar ist. Denn sie lässt sich nicht nur aus pflanzlichen Stoffen herstellen. Auch Reststoffe und Abfallprodukte wie Gülle, Mist oder Deponiegase, Klärschlamm oder Bioabfälle eignen sich optimal zur Produktion von Bioenergie – was nicht nur einen, sondern sogar zwei Vorteile hat. Denn mit der Energiegewinnung aus „Müll“ wird unbrauchbarer Abfall zu einem hochwertigen Rohstoff, der gleichzeitig eine Alternative zu Energiepflanzen bietet. Das ist vor allem dann wichtig, wenn wir uns jetzt die Kritikpunkte anschauen.

Die Diversität der Ökobilanz – ein Nachteil von Bioenergie

Abhängig davon, welche Art von Biomasse bei der Gewinnung von Bioenergie zum Einsatz kommt, variiert aber die Ökobilanz. Denn Rohstoff ist nicht gleich Rohstoff und nur weil manch ein Ausgangssubstrat schnell und gut verfügbar ist, muss es nicht zwingend das Beste sein.

Ein Beispiel zur besseren Veranschaulichung ist die momentane Herstellung von Bioenergie in Deutschland. Hier sind überwiegend (noch) Holz und Energiepflanzen das favorisierte Ausgangssubstrat für die Produktion. Und die Anpflanzung dieser Energiepflanzen braucht vor allem eines: Platz. So haben sie einen extrem hohen Flächenbedarf, was dazu führt, dass der Lebensmittelproduktion oder anderen landwirtschaftlichen Bereichen Platz fehlt, weil sie weichen müssen.

Zudem fördert der Anbau von Energiepflanzen im großen Stil Monokulturen. Das wirkt sich negativ auf Artenvielfalt und Biodiversität aus. Bei der Herstellung von Bioenergie ausschließlich auf Biomasse in Form von Energiepflanzen zu setzen, ist deswegen nicht das Nonplusultra.

Sicherheit in der Energiekrise

Dennoch sind die Gefahr von Monokulturen und der Platzverbrauch des Energiepflanzenanbaus keine Argumente, die komplett gegen Bioenergie sprechen – zumal es viele Wege gibt, diese Art von Energie herzustellen. Und gerade im Hinblick auf die Energiekrise bietet Bioenergie große Potenziale zur Stabilisierung der Versorgungssicherheit.

In diesem Zusammenhang wären zunächst die Nutzungsmöglichkeiten von Bioenergie zu nennen. Da sie sich als Wärme- bzw. Heizenergie, als Strom sowie als Treibstoff nutzen lässt, ist sie sehr vielfältig einsetzbar. Hinzu kommen ihre Fähigkeiten zur Speicherung. Während sich Strom aus anderen erneuerbaren Quellen wie Solar- oder Windkraft nur schwer speichern lässt, ist Bioenergie sehr gut speicherbar. Das macht sie flexibel und bedarfsgerecht nutzbar.

Ein weiteres Argument für Bioenergie ist, dass sie sich unkompliziert dezentral erzeugen sowie bereitstellen lässt. In Sachen Energieunabhängigkeit ist das ein entscheidender Punkt. Denn so kann sie nicht nur dabei helfen, die aktuelle Energiekrise zu bewältigen, sondern auch einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Energieversorgung und die Energieunabhängigkeit Deutschlands zu sichern. Umgekehrt kann Bioenergie auch anderen europäischen Ländern eine stabilere Versorgungssicherheit ermöglichen, wenn sie Energie aus Deutschland beziehen. Zu guter Letzt dient sie natürlich als wichtige Alternative zu fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas und spielt damit eine entscheidende Rolle in der Energiewende.

Das sind die aktuellen Herausforderungen

Wenn Bioenergie so toll ist, warum kommt sie dann nicht schon viel mehr zum Einsatz? Falls Sie sich jetzt gerade diese Frage stellen, ist das sicherlich berechtigt. Denn trotz aller Vorteile liegt der tatsächliche Einsatz weit unter dem Potenzial. So betrug der Anteil von Biomasse an der gesamtdeutschen Stromherstellung im vergangenen Jahr nur 43,9 TWh (entspricht ca. 7,5 Prozent) – eine Zahl, die sich definitiv steigern ließe. Doch dafür müssten zuerst einige Herausforderungen aus dem Weg geräumt werden.

Zwingend notwendig wäre der Ausbau bereits bestehender Technologien, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung der kombinierten Wärme-Strom-Erzeugung sowie die Produktion von Biomethan als Ersatz für Erdgas auf Basis von Biomasse. Gleichzeitig ist die Politik gefragt, die Nutzung von Bioenergie für Privat-, aber auch für Großkunden wie beispielsweise aus der Industrie attraktiver zu machen. Ohne entsprechende Anreize wird es ein flächendeckender Einsatz von Bioenergie eher schwer haben, wie auch die Biomasse-Forschungsorganisation IEA Bioenery zusammenfasst. Kurz gesagt bedeutet das: Wenn Deutschland die Potenziale von Bioenergie wirklich ausschöpfen will, muss die Politik noch einiges dafür tun.