Es geht bergauf – und zwar mit dem Energiebedarf. Mehrere hundert Millionen Kilowattstunden Strom brauchen allein die Deutschen jedes Jahr. Dem gegenüber stehen die Energiewende, die Stilllegung von Atommeilern und der sukzessive Ausstieg aus der Kohlekraft. Den Strombedarf auffangen sollen die erneuerbaren Energiequellen. Wind, Sonne, Biogas – erneuerbare Energie hat dabei viele Gesichter.
Welche Potenziale „die Erneuerbaren“ haben, warum Biogas erneuerbare Energie ist und wie groß der Anteil alternativer Quellen in Deutschland aktuell wirklich ist, das erfahren Sie in diesem Beitrag.
Dieser Beitrag wurde aktualisiert am 07.06.2023.
Warum ist Biogas erneuerbare Energie?
Zu den erneuerbaren Energiequellen gehören neben Wind und Sonne – die wohl die bekanntesten aller alternativen Konzepte sind – auch Geothermie, Wasserkraft und Biomasse. Sie alle gelten als erneuerbare Energien, weil sie entweder stetig nachwachsende Rohstoffe sind oder aber quasi unerschöpflich zur Verfügung stehen. Das heißt, dass die Energiegewinnung aus diesen Quellen ohne Rohstoffkonflikte auskommt. Hinzu kommt, dass sie eine nahezu CO2-neutrale Form der Energiegewinnung ermöglichen. Genau diese Aspekte treffen auf die Energiegewinnung aus Biogas zu. Denn dieses entsteht ausschließlich aus Rohstoffen, die entweder nachwachsen, oder aber aus Abfallstoffen, die durch die Umwandlung in Biogas in einen zweiten, nützlichen Lebenszyklus beginnen. Darum ist Biogas erneuerbare Energie.
Ist Biomasse eine erneuerbare Energie?
Besonders gut herstellen lässt sich Biogas aus Biomasse. Diese kann ganz unterschiedliche Formen haben, die sich allesamt als extrem gute Energielieferanten eignen. Ganz gleich, welche der vielfältigen Arten von Biomasse zur Gewinnung von Biogas zum Einsatz kommt: am Ende entsteht immer ein CO2-neutraler Energieträger.
Biogas als erneuerbare Energie ist ein energiereiches Gasgemisch, das bei der natürlichen Zersetzung von organischem Material unter Luftabschluss entsteht. Dieses lässt sich optimal zu Strom, Wärme oder Treibstoff umwandeln. Das Ausgangsmaterial Biomasse kann dabei sämtliches organisches Material sein. Ob Gülle, Klärschlamm oder Bioabfälle, tierische Abfälle, Zwischenfrüchte oder Energiepflanzen – sie alle eignen sich zur Herstellung von Biogas. Erneuerbare Energie aus Biomasse ist damit extrem wertvoll für die Versorgungssicherheit.
Vor allem die Vielfalt von Biomasse bzw. biogenem Abfall macht diese Art der Energiegewinnung besonders interessant. Denn ganz gleich, um welchen Sektor es geht, ist Biomasse ein besonders vorteilhafter Energielieferant. Sei es in Form von Biokraftstoffen für den Verkehrssektor, als feste Brennstoffe zum Heizen oder als Biogas zur Stromerzeugung – Biomasse liefert für das Erreichen der Energiewende große Potenziale. Insbesondere Biogas als erneuerbare Energie ist dabei sehr vielversprechend.
So erneuerbar ist Deutschland unterwegs
Ob Biogas als erneuerbare Energie, Strom aus Windparks oder die Kraft der Sonne: Deutsche und europäische Politiker sprechen viel über alternative, klimafreundliche Energieträger. Doch zu reden, ist nur die eine Seite. Was auf der anderen Seite genauso oder sogar mehr zählt, ist das Handeln. Denn das volle Potenzial der Erneuerbaren ist aktuell noch längst nicht ausgeschöpft.
18 Prozent des innerdeutschen Energiebedarfs wollte die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 aus erneuerbaren Energien gedeckt haben. Ein Ziel, das unter der EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien (2009/28/EC) sogar fest definiert war – und mit 19,1 Prozent letztendlich übertroffen werden konnte. Im Jahr 2022 lag der Anteil der alternativen Energiequellen am deutschen Endenergieverbrauch bei 20,4 Prozent, was einer Energiemenge von 489 Milliarden Kilowattstunden entspricht. Davon entfielen 52 Prozent auf die Stromproduktion, 41 Prozent auf die Wärmeherstellung sowie 7 Prozent auf Kraftstoffe. Doch welche Rolle konnte Biogas als erneuerbare Energie dabei einnehmen?
Wind, Sonne und Biogas – wer kommt in Deutschland wie zum Einsatz?
Auch wenn Windparks und Photovoltaik für die meisten Menschen das Sinnbild für erneuerbare Energieträger sind, so sind diese beiden nicht die Quellen, die die meiste erneuerbare Energie in Deutschland bereitstellen. Mit einem Anteil von 53 Prozent ist es Biomasse, die an Platz eins der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen steht. Damit ist Biomasse – und auch Biogas als erneuerbare Energie – der wichtigste Energieträger für eine klimafreundliche Herstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen.
Windenergie steht mit einem Anteil von 26 Prozent erneuerbarer Endenergie auf dem zweiten Platz. Sonnenenergie aus PV- oder Solarthermieanlagen belegt mit 14 Prozent Platz drei, gefolgt von Geothermie und Wasserkraft mit jeweils vier Prozent. Das zeigt, das Biomasse und Biogas als erneuerbare Energie aktuell die wohl wichtigsten Quellen sind, um den Bedarf an Strom und Wärme zu decken. Vor allem im Stromsektor ist Energie aus Biogas dank ihrer Wetterunabhängigkeit und durch ihre maximale Flexibilität in der Herstellung momentan die wichtigste Quelle.
Biogas als erneuerbare Energie ist in diesem Zusammenhang auch deswegen so interessant, weil es durch die Nutzung flexibler Biomasse-Speicherkraftwerke in der Lage ist, eine bedarfsgerechte Energieproduktion zu ermöglichen. Ganz unabhängig davon, ob der Himmel grau oder sonnig ist, ob Wind weht oder nicht oder ob viel Strom und Wärme gebraucht werden oder wenig. Diese Eigenschaften machen es zudem möglich, dass sich in Zeiten hoher Residuallast mehr als die Hälfte des vorausgesagten Energiebedarfs durch Biogas decken lässt.
Hat Biogas als erneuerbare Energie auch Nachteile?
Die Antwort auf diese Frage lautet: Kommt darauf an. Genauer gesagt, es kommt auf die genutzte Biomasse an. So haben in der Vergangenheit viele Betreiber von Biogasanlagen auf erneuerbare Energien in Form von Energiepflanzen wie Mais oder Raps zur Herstellung von Biogas gesetzt. Das erfordert jedoch eine Menge Platz, was wiederum mit dem Anbau von Tierfutter- und Nahrungsmitteln konkurriert und durch seine Monokulturen die Artenvielfalt bedroht.
Ein Grund, warum das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seit dem Jahr 2021 vorschreibt, dass mit dem sogenannten Maisdeckel nur noch maximal 40 Prozent Mais in Biogasanlagen zum Einsatz kommen dürfen. Was viele zunächst als große Chance für die Energiegewinnung aus anderer Biomasse bzw. aus biogenem Abfall wie Gülle, Bioabfällen, Grünschnitt oder „Restprodukten“ wie Klärschlamm oder Deponieabfälle gesehen haben, entpuppt sich mit dem EEG 2023 jedoch als Trugschluss. Denn seit Beginn des neuen Jahres steht fest, dass der Maisdeckel bis 2026 schrittweise auf 30 Prozent abgesenkt werden soll. Für Biogas als erneuerbare Energie könnte das eine echte Ausbremsung sein.
KWK, Flexibilisierung und Co. – das kann Biogas als Energiequelle stärken
Damit Biogas seine Poleposition im gesamtdeutschen Energiemix der erneuerbaren Quellen nicht wieder verliert, kommt es darauf an, die vollen Potenziale des Energieträgers optimal auszuschöpfen. Dazu braucht sie das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, kurz KWK. Besonders profitabel ist eine Biogasanlage nämlich dann, wenn ihr BHKW mittels KWK nicht nur Strom, sondern auch Wärme produziert. Mit dieser Art der Energieerzeugung lassen sich extrem hohe Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent erreichen. Die parallel zur Stromerzeugung produzierte Wärme kann dabei zum Beispiel für die Beheizung und Warmwasserbereitung zum Einsatz kommen. Das macht die Gewinnung von Biogas aus Biomasse gleich mehrfach interessant.
Ein weiterer Pluspunkt ist das Thema Fördermöglichkeiten. Denn auch nach der Novellierung des EEG 2023 können flexibilisierte Biogasanlagen finanziell profitieren. So gibt es die Möglichkeit, dass Anlagen, die eine bedarfsorientierte Stromeinspeisung gewährleisten, einen Flexibilitätszuschlag bzw. eine Flexibilitätsprämie von 65 € pro kWel und Jahr über 20 Jahre sowie 19 Cent Förderung pro kWh (bei 75 kW Leistung) erhalten. Das macht den Betrieb einer Biogasanlage, die die durch Wind- und Sonnenenergie entstehenden Schwankungen im Stromnetz verlässlich auszugleichen kann, doppelt lohnenswert.
Biogas, erneuerbare Energie und der Blick in die Zukunft
Andere Länder wie Schweden, Finnland oder Lettland machen es vor: Teilweise weit über 50 Prozent des Energiebedarfs stammen hier aus erneuerbaren Quellen. Mit seinen 20,4 Prozent hat Deutschland da noch einiges an Aufholbedarf. Die Möglichkeiten sind da. Woran hapert es also?
Biogas und andere erneuerbare Energie haben es nicht zuletzt schwer, weil Politik und Gesetzgebung es ihnen schwer machen. Zwar hat die Bundesregierung das Ziel, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Doch die Energiegewinnung aus Biomasse könnte mehr Werbung von Seiten des Staates vertragen. Förderungen, Boni und Vergütungen für Anlagenbetreiber, die auf eine Verwertung von „Abfallprodukten“ setzen, sind nur ein paar der denkbaren Optionen – die der Regierung nicht unbekannt sind. Doch auch hier gilt: Reden ist die eine, Handeln die andere Seite.